Logofarben als Raumfarbkonzept?

Farbpsychologie funktioniert anders

Warum Unternehmensfarben in Räumen überschätzt werden

Firmeninhaber bestehen in der Regel auf die Verwendung von Logo- oder Unternehmensfarben auch in ihren Räumen. Der Vorteil scheint auf der Hand zu liegen: Der Wiedererkennungswert bestätigt die Identität des Unternehmens und die Philosophie einer essenziellen Aussage. Was zunächst logisch und psychologisch sinnvoll klingt, sollte dennoch hinterfragt werden.

Logo/ Firmenfarben und Farbe im Raum sind völlig unterschiedliche Wirkungen

Markante wiedererkennbare Farben für ein Unternehmenslogo zu verwenden ist wichtig und sinnvoll. Wenn ein Symbol, ein Akronym oder eine Aussage über eine Identität getroffen wird und mit einer Farbe sinnvoll verknüpft wird, stellt das einen wesentlichen Faktor dar, denn wie wir aus psychologischen Studien wissen, orientieren wir uns eher und schneller über Farben als über semantische Formeln. Der Schriftzug Coca Cola in himmelblau wirkt verstörend und nicht vertrauenswürdig. Doch wird die Bekanntheit der Firmenfarben gerade bei nicht weltweit operierenden Unternehmen weitestgehend überschätzt. Warum wir auf Markennamen in ungewohnter Farbgebung reagieren, ist, weil wir sie uns seit Jahren oder Jahrzehnten penetriert werden. Erfahrungsgemäß sind aber die Markenlogos oder die sogenannten Wiedererkennungsfarben bei vielen Marken im Laufe der Zeit immer wieder geändert worden. Selbst die Schriftzüge oder Schrifttypen haben sich bei alten Marken immer wieder geändert, weil sich die Markenaussagen genauso wie Philosophien wie auch der Produktaussagen den Zeiten oder Megatrends angepasst werden. Wir tun gut daran die Aussage und Qualität von farblichen Aussagen zu überprüfen und auch wieder anzupassen. Kunden betrachten eine Anpassung als eine erwartbare Leistung an sich verändernde Bedürfnisse.

Räume sind Orte für ganzheitliche Erfahrung

Die kleinste Raumgröße der Identität einer Marke ist wohl eine Einkaufstasche. Gebrauchte Louis Vuitton Tüten werden für 12 € im Internet erfolgreich zum Kauf angeboten. Ein Raum ist diese Tasche deswegen, weil wir sie als Behältnis und zusammen mit dem Träger wahrnehmen. Angenommen, in dieser gebrauchten Tragetasche würde eine Person Brötchen kaufen gehen. Das entspräche ebensowenig unserer Erwartung wie gebrauchte Auspuffteile eines Fahrzeugs darin. Wenn eine edle Aufschrift uns ein luxuriöses Markenerlebnis verheißt, sind Enttäuschungen vorprogrammiert, wenn nicht den Erwartungen gemäß eine Erfüllung stattfindet. Das macht den Erfolg von Nespresso aus. Man kauft nicht nur in Aludosen verpackte Kleinstmengen eines Genussmittels zu stark erhöhten Preisen, sondern erwirbt Zugang zu einer exklusiven Markenwelt, die uns psychologisch zu wertvolleren Menschen macht. Das geschieht aber in einem leicht störbaren Prozess, denn plötzlich wird nicht nur das eigentliche Produkt relevant, sondern der gesamte Erfahrungsraum. Der Raum als Ort einer Identität ist eine ganzheitliche Erfahrung und hat andere Aufgabe und emotionale Erwartungen als ein farbiges Logo. Räume verkörpern die gesamte Aussage einer umfassenden Erfahrung, die mit vielen Faktoren gesteuert wird. Weite und Großzügigkeit, Licht und Schatten, Oberflächen und Materialien, Haptik und Textur sind einige dieser maßgeblichen Faktoren, die Räume ausmachen und die Farbgebung macht einen wesentlichen Aspekt dabei aus. Denn wir nehmen Farbe vordergründig aber oft unbewusst wahr. Farben wirken immer auf uns genauso wie Raumgröße oder Lichtverhältnisse. Wir alle kennen den Unterschied eines Raumerlebnisses einer großen Kirche oder einer Höhle. Da Farben evolutionsrelevant für Menschen waren, nehmen wir sie als wesentlich wahr.

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Selbstverständlich, weil das Produkt dem Nutzer gefallen muss. So ist es auch mit den Räumen einer Marke: sie sollen dem User gefallen, also Shops den Käufern, Büros den Mitarbeitern und Schulungsräume den Menschen, die die Schulungen einkaufen und sich dort aufhalten. User sind nicht nur desinteressiert an der Firmenfarbe. Sondern man instrumentalisiert sie auch noch unzulässig, weil man sie ungefragt einer konstanten Penetration mit Werbebotschaft aussetzt.

Räume verkörpern völlig andere Qualitäten als Unternehmensfarben

Unternehmensfarben im Logo stehen für das Unternehmen, wenn ein Kunde nicht all dessen wahrnehmen können, was die Identität einer Marke ausmacht. Im Schriftzug einer Versicherung auf einem Gebäude oder einem Hinweisschild sieht man nicht das ganze Unternehmen, seine Mitarbeiter, Strukturen oder Produkte und Dienstleistungen. Logo und Farben sind also ein Substitut für eine bestimmte Dynamik oder Qualität. Sie sollen Erinnerung auslösen über die abgespeicherte Information oder emotionale Erfahrung und zudem einen Impuls auslösen. Das kann eine Bestätigung sein zur Festigung der Erinnerung oder ein Impuls das Produkt zu kaufen. Es gibt sicher noch weitere Aspekte, doch Firmenräume sind eben nicht nur zweidimensionale Schaufenster, sondern auch gelebte Erfahrung. Im Raum überbordet uns die gesamte Komplexität einer persönlichen Erfahrung mit allen Sinnen und den Menschen, die sich dort aufhalten.

Zwei häufige Fehler in der Deutung von Farben

Farbe wird als absolut betrachtet, also losgelöst von Untergrund oder Materialität. Das ist verhängnisvoll, denn schwarze Wandfarbe und schwarzer Schimmel auf Wänden sollte uns nicht gleichbedeutend sein. Sanfte Grüntöne auf einem Gemälde sollten wir von einem sanften Grün in einem Gesicht unterscheiden können. Farbe kann von seiner Materialität nicht getrennt betrachtet werden, denn das macht weder Sinn noch führt es uns zu einem bewertbaren Ergebnis. Das macht nämlich unser Gehirn konstant, dass es Wahrnehmung bewertet und damit die Grundlage für Gefühle, Emotionen und Handlungen legt. Daher sind die meisten Farbtests wenig tauglich, weil sie Farbe als von der Oberfläche oder dem Gegenstand losgelöst als reinen Farbton betrachten, was real nicht vorkommt. Gelb ist nicht grundsätzlich sauer, nur weil Zitronen sauer sind. Ein zitronengelber Buntstift oder das Bild einer Sonne auf einer Kinderzeichnung ist eben einfach nur sonnig und heiter.

Der zweite Fehler in der Bewertung von Farben liegt darin, dass man z.B. das gesamte Farbspektrum von Blau als eine Farbe deutet. Laut bedeutender Linguistikforscher lösen eigene semantische Begriffe eine differenziertere Wahrnehmung und Bewertung aus. Das Russische beispielweise kennt ein eigenes Wort für hellblau, was mit dem Wort Blau nichts zu tun hat. Es zeigt, dass hellblau eine eigene Wahrnehmungsverarbeitung und Assoziation bereithält im Vergleich zu einem kräftigen Blauton. So ist es auch bei türkis, das weder psychologisch noch erfahrungsgemäß ähnliche Erfahrungen abruft wie ein Graublauton. Beides zählt zu Blau aber hat völlig unterschiedliche Wirkungen. Diese beiden häufigen Fehler im Einsatz und in der Wirkungsbeurteilung von Farben sind vermeidbar. Farbe als Gestaltungsmittel im Raum muss in Bezug auf Materialität und in der Differenzierung der Farbenuance eingesetzt und gedeutet werden. Uwe Linke, Designer und Pionier der Wohnpsychologie hat ein Werkzeug kreiert, das dieser Dimension von Farbe und Materialität Rechnung trägt. „Potentialspiegel“  geht darauf detailliert ein und verknüpft diese fehlenden Elemente zu einer neuen und ganzheitlichen Wahrnehmung. Wenn wir also in Zukunft gefragt werden ob wir Grün mögen, sollte definiert werden, ob damit das energievolle Frühlingsgrün oder ein kühles Pastell-Mintfarben oder ein tief in sich ruhendes dunkles Moosgrün gemeint sein soll. Alle drei Nuancen lösen unterschiedliche Assoziationen aus und können höchstens als Farbfamilie mit wenigen Gemeinsamkeiten zusammengefasst werden. Und bis heute wissen wir nicht, welche Farbe in einem Gehirn tatsächlich abgerufen wird, wenn wir das Wort Grün hören.

Fazit: Wer Räume eines Unternehmens gestaltet, sollte die komplexe Wirkung von Farbe beachten. Firmenfarben eigenen sich selten dazu die User Erwartungen zu erfüllen und Räume in ihrer ganzheitlichen Qualität zum Leben zu erwecken und das Wirkspektrum von Farbe im Raum zu nutzen.